Rede von Markus Pflüger und Ingrid Röder – Demo Metz 2015

Von | 04.10.2015

Die Fluchtursachen bekämpfen: Das bedeutet auch,
Cattenom, Bure und alle AKWs weltweit sofort stilllegen!

(Redebeitrag des Antiatomnetzes Trier (Markus Pflüger) und Aktion 3. Welt Saar (Ingrid Röder),
Antiatom-Demo ‚Ni Cattenom, ni Bure‘ Metz 03.10.2015 – Hier klicken für französische Version)

Liebe Freundinnen u. Freunde aus Frankreich, Deutschland, Luxemburg und auch aus Japan

Jeden Tag werden wir in allen Medien konfrontiert mit den aufwühlenden Bildern der Massenflucht
aus den sogenannten gescheiterten Staaten. Menschen flüchten aus Syrien, Libyen, Afghanistan,
Somalia, Eritrea usw, usf. Länder die auch durch unsere neoliberale Wirtschaftspolitik und mithilfe
von unseren Waffenexporten zerstört werden.
Ja, es ist richtig: Nicht die Flüchtlinge bekämpfen, wie dies allenthalben an den Grenzen Europas
und durch Ausgrenzung und Abschiebungen der Fall ist, sondern die Fluchtursachen bekämpfen!

Und sind wir hier in der Großregion nicht das zukünftige Flüchtlingsdrama Europas bei einem
möglichen Supergau im Schrott-reaktor Cattenom oder der radioaktiven Verseuchung des
Grundwassers durch das Atommüll-Endlager in Bure?

Unmittelbar nach dem Supergau von Fukushima sahen sich die japanischen Behörden mit der
Situation konfrontiert, falls die nukleare Wolke von Fukushima weiter in Richtung Tokio gezogen
wäre, etwa 20 Millionen Menschen evakuieren zu müssen.
2O Millionen Flüchtlinge, wenn der Wind anders geweht hätte! Nicht vorstellbar! Genauso wenig
vorstellbar, wenn Cattenom in die Luft fliegt. Müsste dann nicht möglicherweise ganz Luxemburg,
südliche Teile von Belgien, große Teile des Nordens Frankreichs, des Saarlandes und von
Rheinland-Pfalz evakuiert werden? Nein, wir wollen uns solch ein Horrorszenario noch nicht
einmal vorstellen.

Und wir lassen uns von den Behörden, gleich ob in Frankreich, Deutschland, Luxemburg und
Belgien sowie der EU-Bürokratie auch nicht vorgaukeln, dass solch eine Situation beherrschbar und
kontrollierbar wäre. Und man dafür sorgen werde, dass im Falle eines Supergaus als Ersthilfe
genügend Jodtabletten zur Verfügung gestellt werden, wir ansonsten aber nicht in Panik geraten und
stattdessen Ruhe bewahren sollten.

Nein, wir werden keine Ruhe geben. Ni Bure, Ni Cattenom, das ist unser Auftrag. Auch ohne die
Möglichkeit des Supergaus lehnen wir diese Technologie ab. Denn der sogenannte
„Normalbetrieb“ von Atomanlagen bedeutet nicht nur eine Dauerbelastung für uns Menschen in
der Nähe der Anlagen und ein ständiges Produzieren von Atommüll, für den es keine sichere
Endlagerung gibt. Denn auch wenn es von offizieller Seite verneint wird – Bure wird zu einem
Europäischen Atomklo ausgebaut werden, auch deutscher Atommüll könnte hier eingelagert
werden. Deutschland ist mit Millionen € über die EURATOM auch an der sogenannten
„Erforschung“ von Bure beteiligt.

Nein, der sogenannte „Normalbetrieb“ bedeutet auch: Gesundheitsrisiken und hohe Umweltbelastungen
für die Menschen, bei denen Uran abgebaut wird, wie in Australien, Kasachstan, Namibia
oder Niger – auch daran sei heute hier erinnert, auch so werden Fluchtursachen geschaffen.

Und er bedeutet auch den militärischen Zugriff auf die Atombombe – es gibt keine Trennung
zwischen militärischer und ziviler Nutzung von Atomkraft. Jedes Land, das Atomanlagen betreibt,
hat den Zugriff auf die Atombombe, sei es Deutschland, sei es Frankreich, sei es der Iran oder sei
es Nordkorea. Dass der Iran über Technologien zum Bau einer Atombombe verfügt, verdankt er
Deutschen Firmen. Fluchtursachen, Made in Germany.

Und der sogenannte „Normalbetrieb“ bedeutet auch den Abbau von Bürgerrechten. Wenn wir
heute hier gegen Bure und Cattenom demonstrieren, dann tun wir dies auch in dem Bewusstsein,
dass Atomkraftwerke in Deutschland wie in Frankreich immer auch mit Polizeigewalt durchgesetzt
wurden. Ich erinnere an Vital Michalon, der bei der Auseinandersetzung um den Schnellen Brüter
in Malville in Frankreich 1977 von einer Granate der französischen Polizei CRS erschossen
worden ist. Und an die Auseinandersetzungen in Gorleben, Brockdorf, Wackersdorf und Kalkar, die
die Anti-AKW Bewegung in Deutschland geprägt haben. Ich erinnere an Sébastien Briat, der 2004
bei einer Protestaktion in Frankreich gegen einen CASTOR-Transport nach Deutschland ums
Leben kam. Liebe Freunde und Freundinnen, Demokratie und die Risikotechnologie Atomkraft sind
unvereinbar.

Nein, wir sollten auf keinen Fall Ruhe bewahren: die wirksamste und vorausschauende
Ursachenbekämpfung ist der Sofortausstieg aus der Atomindustrie weltweit. Und erst dann können
wir uns mit der am wenigsten gefährlichen Endlagerung von Atommüll ernsthaft beschäftigen. –
Und werden dies auch in Verantwortung für die nachfolgenden Generationen tun. Damit Bure nicht
dem Weiterbetrieb von Cattenom & Co dient, gilt: keine weitere Atommüllproduktion – Stop Bure!

Sonne, Wind, Erdwärme, radikales Energieeinsparen, effiziente Energienutzung usw., das sind
weltweit die zukunftsfähigen und verantwortbaren Alternativen zu den nicht erneuerbaren
Energieträgern. Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass nicht sofort und vollkommen auf die
Nutzung der unbeherrschbaren Atomkraft verzichtet werden kann. (Zumal sie nur einen minimalen
Beitrag von 3 % zur gesamten Energieversorgung – also Strom und Wärme und Mobilität –
beiträgt.)
Deutschland rühmt sich weltweit mit seinem geplanten Atomausstieg. Ausstieg klingt gut. Aber
tatsächlich laufen noch 8 Atomkraftwerke, wird Uran angereichert und es werden Brennstäbe für
AKW produziert – und trotz aller Kritik am Weiterbetrieb von Cattenom und der Kritik an der
Errichtung des atomaren Endlagers in BURE – , wird zudem noch verstohlen gebilligt, dass z.B.
vom Hamburger Hafen aus über das deutsche Schienennetz fast wöchentlich Urantransporte über
Trier und Perl oder Forbach nach Frankreich rattern. Am 12. September haben französische und
deutsche Aktivistinnen und Aktivisten in Perl aufgezeigt, dass diese gefährlichen Atomtransporte
die Lebensader der Atomindustrie sind. Wir fordern daher auch hier und heute: Sofortiger Stopp
aller Atomtransporte in Europa!

Last uns alle unsere kreative Phantasie und Energien für eine Welt ohne Atomkraft, ohne
Atomwaffen, ohne Ausbeutung, Umweltzerstörung und Krieg einsetzen, für eine Welt, wo Schritt
für Schritt in geschwistlicher Solidarität alle aktuellen und zukünftigen Fluchtursachen entschieden
bekämpft werden.

Keine Atomtransporte quer durch Europa!
Für Energie aus Wasserkraft, Wind und Sonne!
Ni Bure, Ni Cattenom!

(Es gilt das gesprochene Wort)