Katastrophenschutz

Katastrophenschutzplan ist eine Katastrophe

Offenheit und Bürgerbeteiligung statt Verharmlosung und Fehlinformation!

”Nicht aktuell und wissenschaftlich unhaltbar – Verschwendet Steuergelder und verharmlost Unfallgefahr von Atomkraftwerken – Dient damit dem Weiterbetrieb von Cattenom entgegen dem mehrheitlichen politischen Willen!“ – so die Zusammenfassung der Kritik vom Antiatomnetz Trier.

Das Antiatomnetz hatte noch im September mit einem Brief versucht den Druck der ADD-Katastrophen­schutz-Broschüre zu den Atomkraftwerken von Cattenom zu verhindern und Unterstützung bei einer Überarbeitung angeboten. In einer späten Antwort dankt die ADD und ist an konkreten Anregungen für eine Fortschreibung der Broschüre interessiert.

”Entgegen der Bitte der Atomkraftgegner hat die ADD die Broschüre trotz massiver Kritik daran ver­öffentlicht und verteilt. Auch wenn die ADD damit wohl ihrem politischen Auftrag gerecht wurde, hätten die Angaben in der Broschüre nach aktuellem Stand zumindest ergänzt werden können“, so das Antiatomnetz. ”Auch die rot-grüne Landesregierung ist für den katastrophalen Katastrophenschutzplan verantwortlich, der auf veralteten Erkenntnissen von 2002 beruht. Dabei wurden schon damals die Folgen von Tschernobyl ignoriert, jetzt fehlt die Umsetzung der Lehren von Fukushima“, kritisiert Markus Pflüger vom Antiatomnetz und fragt: ”Wenn Landtag, Stadt und Landkreis für eine Abschaltung von Cattenom sind, warum gibt es dann Vorgaben, solch unsinnige Katastrophenschutzpläne zu verteilen und damit einer Verharmlosung der Atomgefahr das Wort zu reden?“

”Es gibt keinen wirklichen Schutz bei einem Super-GAU, dies muss in so einer Broschüre auch klar gesagt werden, statt durch die unreflektierte Umsetzung der gesetzlichen Rahmenempfehlung die Atomgefahr zu verharmlosen und damit dem Weiterbetrieb von Cattenom das Wort zu reden!“ so Elisabeth Quaré von der MAUS, ein Verein im Antiatomnetz Trier, der die Luftradioaktivität von Cattenom überwacht, und weiter: ”Eine ehrliche Katastrophenschutzbroschüre zeigt auf, was geht und was eben nicht geht.“

”Diese Broschüre suggeriert ausreichenden Schutz im Falle eines größeren Unfalls in Cattenom, ebenso wie die grenzüberschreitende Katastrophenübung letzte Woche am 4. und 5.12.2012. Tat­sächlich gibt es aber keine Notfall-Vorkehrungen, die auch nur annähernd den Schutz der Bevölkerung in einem solchen Fall leisten könnten! Dies ist sowohl den zuständigen Ministerien als auch Behörden durchaus bekannt. Daher gibt es für die Zone außerhalb der ‚Außenzone‘ auch keinen Evakuierungsplan. Geht man also davon aus, dass sich die Menschen selbst in Sicherheit bringen, und nimmt man in Kauf, dass ihnen das misslingt?“ fragt das Antiatomnetz.

”Mit dieser Pressemitteilung wollen wir eine öffentliche Debatte beginnen und dabei unser Ziel im Auge behalten, solche Broschüren und Katastrophen-Szenarien überflüssig zu machen, indem wir uns für die Abschaltung aller Atomanlagen einsetzen“ so die AtomkraftgegnerInnen.

Richard Pestemer, Mitstreiter im Trierer Antiatomnetz, Ortsbürgermeister der Energiewende­-Gemeinde Neunkirchen im Hunsrück und als gelernter Japanologe vertraut mit der japanischen Anti-AKW-Bewegung, zeigt sich schockiert wegen des kürzlichen Erdbebens (Stärke 7,3) in der nördlich von Fukushima gelegenen Nachbarpräfektur Miyagi : “Das beweist erneut eindringlich, dass Atomkraft grundsätzlich nicht beherrschbar ist, und man immer, gleich wo auf dieser Welt, mit dem Aller­schlimmsten rechnen muss. Und bekannter­maßen ist Cattenom laut EU-Stresstest in keinster Weise gegen Erdbeben sicher. Auch in unserer Region, und das kann nicht oft genug gesagt werden, sind Erdbeben nicht auszuschließen, ganz abgesehen von all den anderen Möglichkeiten, die zu einer Havarie führen können.”

Das Antiatomnetz listet 7 konkrete Kritikpunkte an der Katastrophenschutzbroschüre auf:

  1. Die ”25 km Zone“ ist nicht ausreichend, siehe Fukushima, wo Verseuchung und Gesundheits­gefahren laut Angaben der atomkritischen Ärztevereinigung IPNNW von Fukushima bis zum Großraum Tokio reichen, d. h. weit über die 100 Kilometer -”Fernzone“ hinaus!
  2. Jodtabletten sollen verteilt werden wenn ein Unfall eintritt – gleichzeitig soll die Bevölkerung sich gut einschließen, am besten im Keller (besteht dort noch Internet-, Telefon- und Radio/TV­empfang im Falle des mit einem Super-GAUs einhergehenden Stromausfalls?). Zudem müsste das Jod punktgenau wenige Stunden vor dem Eintreffen der radioaktiven Wolke eingenommen werden, um die Aufnahme von radioaktivem Jod zu verhindern – es kommt also höchstwahrscheinlich zu spät. Überdies schützt es, falls rechtzeitig eingenommen, nur vor radioaktivem Jod und nicht vor allen anderen radioaktiven Stoffen mit ihren verheerenden Auswirkungen.
  3. Wie sieht die Evakuierung aus, die Verkehrsregelung, was passiert mit öffentlichen Ein­richtungen und den Menschen darin: Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, Altenheime etc. Wo können sich Menschen, Familienangehörige treffen oder wiederfinden?
  4. Wer darf welche Zone noch frei verlassen? Und wie sollen die Menschen dies ohne eigene Verkehrsmittel bewerkstelligen? Was ist z. B. mit Behinderten und Pflegebedürftigen? Was geschieht mit Haus- und Nutztieren? Wie sieht dann die Aufgabe der Bundeswehr aus – soll sie gar ”Triage“ durchführen? Wo werden Verstrahlungen gemessen, veröffent­licht und Menschen behandelt, die entweder verstrahlt sind oder aber radioaktive Partikel an oder in sich tragen?
  5. Die in der Broschüre enthaltene ‚Übersichtskarte‘ hat keinerlei Informationswert außer dem, heraus­zufinden, in welcher Zone man lebt. Dies ist allerdings nur mithilfe einer Lupe möglich! – kurzum: im Ernstfall eine Zumutung ohnegleichen!
  6. An keiner Stelle ist erwähnt, dass je nach Wetterlage und Menge der Radioaktivität Gebiete bis zu 170 km weit weg von Cattenom gänzlich unbewohnbar werden könnten.
  7. Die Broschüre suggeriert, die Behörden hätten einen Plan und es gäbe im Falle einer größeren Unfalls in Cattenom Schutz. Beides ist zumindest fragwürdig. Statt konkreter Informationen, was der Einzelne tun kann und was nicht, und vor allem darüber, wo die klaren Grenzen des Schutzes liegen – selbst im Falle optimaler Sicherheitsvorkehrungen durch die Behörden – verharmlost die Broschüre die reale Gefahr eines größeren Atomunfalls, der die ganze Großregion und nicht nur eine 25-Kilometer-Zone betreffen würde.“