Obscurage März 2019

Von | 06.03.2019
Allgemeine Hinweise zum Verständnis der „Eclairages“

In dieser Spalte findet Ihr meine ganz persönliche Einschätzung dessen, was da in den Verlautbarungen steht. Vor allem der propagandistische Zweck geht gut aus den nicht informativen Teilen hervor, die dann an dieser Stelle nicht übersetzt, sondern kommentiert werden.
Newsletter vom 22.2.-1.3.
Block 4 ist seit dem 19.1. zwecks Inspektion und Brennelementeaustausch abgeschaltet. Blöcke 1 und 3 in Betrieb. Block 2 wurde in der Nacht vom 28.2. auf den 1.3. abgeschaltet, um Wartungsarbeiten am Streckenschalter der 400-KV-Hochspannungsleitung vornehmen zu können.
Sicherheit des Personals Am 26.2. wurde 2 Mal externe Hilfe angefordert, das erste Mal weil ein Beschäftigter eines Dienstleistungsunternehmens einen Schlag an der Hand erlitt, später weil ein EDF-Beschäftigter Brustschmerzen hatte. Beide Personen wurden gemäß den Betriebsvorschriften ins Krankenhaus in Thionville gebracht, wo sie weiter untersucht wurden. Am 28.2. wurde an einem Lastenaufzug der Kantine ein heißer Geruch festgestellt. Dieser kam von einem Elektromagnet an der Tür des Lastenaufzugs. Der Strom wurde abgestellt und externe Hilfe (sprich: Feuerwehr) angefordert. Diese stellte fest, dass es nicht brannte.
Stromschlag? Keine Ahnung, im FR ist von „Schock“ die Rede.

Diesen kursiv gesetzten Satz übersetze ich normalerweise nicht, weil er standardmäßig auftaucht. Diesmal aber schon, weil er bei dem im Folgenden geschilderten Verstrahlungsfall eben nicht auftaucht.
Signifikantes Vorkommnis Am Freitag, dem 22. Februar 2019 kam ein Mitarbeiter eines Partnerunternehmens im nuklearen Bereich der Anlage zwecks Rückbaus einer Baustelle im Block 3 zum Einsatz. Bei den systematischen Kontrollen, die am Ausgang des nuklearen Bereichs stattfinden, zeigte die radiologische Kontrollstation eine Kontaminierung des rechten Unterarms dieses Mitarbeiters an. Der diese Kontaminierung verursachende aktive Staub wurde unmittelbar entfernt. Rein vorsorglich sind wir davon ausgegangen, dass der aktive Staub seit Beginn des Einsatzes auf der Haut vorhanden war. Die durchgeführten Untersuchungen haben ergeben, dass die Strahlung, welcher der Mitarbeiter ausgesetzt* war, unter den gesetzlich vorgegebenen Grenzwerten  pro Jahr lag.
Gemäß unseren Richtlinien muss diese Aussetzung, da sie höher als ein Viertel der gesetzlichen Grenzwerte für die Hautoberfläche war, als bedeutendes Strahlenschutzereignis der Stufe 1 gemeldet werden.
 
Diese Strahlenbelastung hat keinerlei Auswirkungen auf die Gesundheit und bedarf deswegen keiner medizinischen Behandlung. Die Leitung des Kernkraftwerks Cattenom hat dieses Ereignis der ASN (französische Atomsicherheitsbehörde) am Dienstag, dem 26. Februar 2019 auf Stufe 1 der 7-stufigen INES-SKALA gemeldet, da ein Viertel der gesetzlichen Strahlen-Grenzwerte  bei diesem Mitarbeiter überschritten wurde. 
 
 * Für Mitarbeiter, die im nuklearen Bereich tätig sind, liegen die gesetzlichen Grenzwerte für 12 aufeinanderfolgende Monate bei 20 mSv für den ganzen Körper und bei 500 mSv für 1 cm² der Hautoberfläche.
EDF-eigene Übersetzung. Dieser Leiharbeiter wurde offensichtlich nicht zwecks weiterer Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht, da der Satz hier fehlt. Da der Jahresgrenzwert nicht überschritten wurde, ist für EDF alles in Ordnung, obwohl dieser Mensch ja sicher bis zum Ende des Jahres noch weiterer Strahlung ausgesetzt sein wird (oder vielleicht im Vorjahr auch schon war). Die von mir fett hervorgehobene Behauptung, diese Strahlenbelastung habe keinerlei Auswirkungen auf die Gesundheit und bedürfe keiner medizinischen Behandlung, kann man somit nur als zynisch bezeichnen, zumal alle anderen Fälle von „Unwohlsein“ oder leichten Verletzungen unter „Sicherheit des Personals“ gemeldet und näher untersucht werden.
Kasten rechts: Das AKW empfängt die öffentliche Einrichtung des Departements für erwachsene Behinderte Nicht nur, wenn es um technische Dinge geht, wird in diesem Blättchen ein ziemlich respektloser Umgang mit der Sprache gepflegt. Selbstverständlich kann auch ein großes AKW keine ganze Einrichtung „empfangen“, sondern – wie auf dem Bild zu sehen – nur ein paar Bewohner der Einrichtung.
Newsletter vom 15.2.-22.2.
Produktion Block 4 ist seit dem 19.1. zwecks Inspektion und Brennelementeaustausch abgeschaltet. Blöcke 1,2 und 3 in Betrieb.
Sicherheit des Personals Am 14.2. wurde 2 Mal externe Hilfe angefordert. Um 5.30 Uhr hatte sich ein Beschäftigter eines Dienstleistungsunternehmens im Maschinenraum von Block 4 (außerhalb der nuklearen Zone) am Knie verletzt. Um 13.30 war einem Beschäftigten eines Dienstleistungsunternehmens in einem Verwaltungsraum schlecht geworden.
Mit „Beschäftigter eines Dienstleistungsunternehmens“ haben sie sich mal wieder eine neue Bezeichnung für die Leiharbeiter (oder AKW-Nomaden) ausgedacht, die vor allem bei den sog. Inspektionen massiv zum Einsatz kommen und bisher als „Intervenierende“ bezeichnet wurden.
Signifikantes Vorkommnis Am 13.2. wurde der ASN ein Strahlenschutzvorkommnis der Stufe 0 gemeldet. Grund war das Fehlen der vorgeschriebenen Kennzeichnung in einer kontrollierten Zone von Block 4. Während der sog. Inspektionen häufen sich nicht nur die Unfälle dieser Leiharbeiter, sondern es kommt auch verstärkt zu Strahlenschutzproblemen, da man es bei diesen Leuten mit den Vorschriften nicht so genau nimmt.
Kasten rechts: Animation für Kinder zum Thema „Sicherheit auf der Baustelle“ Es wird wohl noch Nachwuchs für die zahlreichen AKW-Baustellen gesucht.