3. gemeldeter Vorfall in Reaktor 3 des AKW Cattenom in drei Tagen, der 5. im AKW in drei Wochen

Von | 11.11.2019

Stellungnahme von Sortir du Nucléaire zu der letzten Pannenserie in Cattenom

Pannenserie in Cattenom (Moselle). Im Zeitraum vom 10.9. bis 2.10.2019 wurden von diesem AKW 5 signifikante Sicherheits-Ereignisse gemeldet, alle Stufe 1. In gerade mal 3 Wochen. Bei praktisch allen liegt die Ursache in bisher unentdeckten Fehlern. Besonders betroffen ist Reaktor 3, mit 3 Meldungen eines signifikanten Sicherheits-Ereignisses in drei Tagen. Der Reaktor ist wegen Wartung und Brennelemente-Austausch seit dem 20.7. abgeschaltet, wobei mit den Brennelementen hantiert wurde, obwohl die Reaktorwand nicht vollkommen geschlossen war, obwohl der Überwachungsalarm schlecht eingestellt war und obwohl einer der beiden Vorratsbehälter, die in dringenden Fällen der Verlangsamung der nuklearen Reaktion und Kühlung des Reaktorkerns dienen, unbrauchbar war.

Die Pannenserie begann am 10.9. mit zwei gleichzeitigen Meldungen:

In Reaktor 1 wurde ein Werkstück durch ein anderes ausgetauscht, das zu schwer war. Resultat: Eine Pumpe des Notkreislaufs für die Wasserzufuhr der Dampfgeneratoren ( ASG-Kreislauf), der im Fall eines Problems mit dem Primärkreislauf der Kühlung des Reaktorkerns dient, funktionierte nicht. Das betreffende Werkstück wurde Mitte Juli ausgetauscht, der Reaktor lief Mitte August wieder an (zu diesem Zeitpunkt hätte der ASG-Kreislauf voll funktionsfähig sein müssen), doch EDF entdeckt das Problem erst Anfang September.

In Reaktor 2 gab es bei demselben ASG-Kreislauf ein Problem mit dem Schließen der Ventile. Dieses Problem (zu dessen Ursache nichts gesagt wird) wurde am 11. Juli entdeckt und bestand wahrscheinlich schon seit Mitte Mai. EDF hatte das Ereignis zunächst als bloße Abweichung (Stufe 0) gemeldet. Da der Betreiber das Problem mit dem Funktionieren dieses wichtigen Kreislaufs jedoch 2 Monate lang nicht entdeckt hatte und die Reparatur zu spät erfolgte (hierfür sehen die Betriebsvorschriften eine maximale Frist vor), wurde der Vorfall später auf Stufe 1 hochgestuft (und der Öffentlichkeit am 10.9. bekannt gegeben).

Nach einer kurzen Atempause wird Reaktor 4 für einige Tage abgeschaltet, weil der Wasserstand des Sees Pierre-Percée einen kritischen Niedrigstand erreicht hat. Dieser in den Vogesen gelegene See versorgt das AKW nicht direkt. Er gleicht jedoch die Entnahmen des AKWs aus der Mosel aus. Unter den klimatischen Bedingungen dieses Sommers 2019 mit wiederholten Hitzewellen und andauernder Dürre wurden die Wasserreservoirs in vielen französischen Departements überbeansprucht. Nur 7 Departements blieben vom Wassermangel verschont. 41 Departements waren am 29. August in einer „Krisen“-Situation (was mit erheblichen Einschränkungen für betriebliche und private Verbraucher einherging), 29 befanden sich in einer Situation des „verstärkten“ Alarms (darunter das Departement Moselle) und 17 im „gelben“ Alarm.

Etwa um die gleiche Zeit, in der Reaktor 4 aus klimatischen Gründen abgeschaltet ist, werden in Reaktor 3 signifikante Sicherheits-Ereignisse gemeldet, und zwar 3 Meldungen in der Zeit vom 30.9. bis 2.10.:

Obwohl die Reaktorwand nicht ordnungsgemäß geschlossen ist, da eine Vorrichtung zum Verschluss des Reaktors an einer Öffnung fehlt, wird mit dem Nachladen der Brennelemente begonnen. Wir wissen weder, wie es dazu gekommen ist, noch warum, noch wie lange es gedauert hat. Und das, obwohl die Dichte des Gebäudes beim Austausch der Brennelemente sehr genau überwacht werden müsste.

Am selben Tag erklärt der Betreiber, dass der Alarm, der eine anormale Neutronenaktivität anzeigen soll, schlecht reguliert war. Da die Alarmparameter falsch eingestellt waren, wäre der Alarm nicht sofort ausgelöst worden, wenn bei der Handhabung des Brennstoffs eine nukleare Reaktion eingeleitet worden wäre, sodass das Betriebspersonal nicht rechtzeitig hätte reagieren können. Diese Nachladeoperationen haben 5 Stunden lang gedauert, ohne dass EDF das Problem bemerkt hätte.

Schließlich hätte auch die Hälfte des Sicherheits-Injektionssystems (RIS) – dieser Kreislauf erlaubt die Injektion von Borwasser zur Verlangsamung der Nuklearreaktion und zur Kühlung des Brennstoffs im Falle von Problemen des Primärkreislaufs – wegen des Zustands einer seiner beiden Vorratsbehälter ebenfalls nicht funktioniert. Die Fugenabdeckung war in einem derart schlechten Zustand, dass dieser Sumpf seine Funktion als Vorratsbehälter nicht hätte erfüllen können. Gleichwohl behauptet EDF, man habe wenige Tage zuvor das Teil überprüft und für „konform“ befunden. Ganz abgesehen davon, dass die Ergebnisse dieser Konformitätskontrollen nicht als in Stein gemeißelte Wahrheit zu betrachten sind: Jedenfalls hat der Betreiber die Nichtverfügbarkeit dieses wichtigen Kreislaufs überhaupt nicht bemerkt.

Diese Serie signifikanter Sicherheits-Ereignisse in Cattenom innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums zeigt deutlich, wie es derzeit um das AKW bestellt ist und wie der Betrieb geleitet wird: Wartungsfehler, die zu Problemen führen, nicht entdeckte Defekte an wichtigen Sicherheits-Kreisläufen, vergessene und nicht den Betriebsphasen angemessene Konfigurierungen, schlecht eingestellte Alarmvorrichtungen, verspätete Reparaturen, zahlreiche Verstöße gegen die Betriebsvorschriften, riskante Operationen ohne vorherige Überprüfungen … der seit dem 20.7. abgeschaltete Reaktor 3 könnte noch für einige „schöne“ Überraschungen sorgen. Hoffen wir mal, dass die Pannenserie nun beendet ist.