Leserbrief zum Thema “Laufzeitverlängerung Cattenom”

Von | 17.03.2021

Zum Artikel „Atomkraftwerk Cattenom wird fit gemacht für längeren Betrieb“ (Trierer Lokalzeitung „Trierischer Volksfreund“ vom 11. März) hier unser Leserbrief an die Zeitung:

Cattenom ist nicht fit und war nie fit. „Reaktor für weitere zehn Jahre fit“, heißt es. Angesichts zahlreicher Störfälle und Pannen ist das ein Hohn. Nein, das grenznahe Atomkraftwerk Cattenom ist nicht mehr fit, das war es auch noch nie, diese Hochrisikotechnologie ist nicht für so lange Laufzeiten ausgelegt und an grundsätzlichen Mängeln und Gefahren sowie radioaktiver Einleitungen über Luft und Wasser werden auch technische Aufrüstungen nichts ändern.

Cattenom ist zudem besonders verletzlich im Hinblick auf Erdbeben und Flugzeugabstürze, und angesichts der heißen und trockenen Sommer ist die Mosel als Kühlfluss extrem belastet – im September 2020 hatten sowohl der Mirgenbach-Stausee neben Cattenom als auch das Reservoir in den Vogesen kaum noch Wasserreserven für die Kühlung, so sind Katastrophen programmiert.

Alle vier AKW-Blöcke entsprechen auch nach den Investitionen nicht dem heutigen Stand von Sicherheit und Technik, sie wären heute nicht mehr genehmigungsfähig. Die Laufzeit der Schrottmeiler auf 50 Jahre zu verlängern ist unverantwortlich.

Am 11. März hat sich die Atomkatastrophe von Fukushima zum zehnten Mal gejährt. Ein ähnlicher Gau könnte sich jederzeit in jedem der französischen AKW ereignen, auch in Cattenom, wo jetzt ein Block einer „Zehnjahresinspektion“ unterzogen wird, um seine Laufzeit um weitere zehn Jahre zu verlängern. Dabei kann der Betreiber EDF die von der französischen Atomaufsicht verlangte Nachrüstung weder personell noch finanziell stemmen.

Der hochverschuldeten französischen Atomindustrie sollte nicht noch mehr Geld in den Rachen geworfen werden. Jeder Tag, an dem die AKW laufen, kann ein größerer Unfall passieren, und es wird noch mehr Atommüll produziert. Auch das Endlagerprojekt in Bure ist dafür ungeeignet und dient nur dem Weiterbetrieb der Schrottreaktoren.

Frankreich sollte stattdessen endlich die überfällige Energiewende einleiten. Genau das wäre auch ein wichtiger Ansatz für eine sinnvolle grenzüberschreitende Kooperation in der Großregion: Wir brauchen einen schnelleren und konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien, um den Klimawandel wenigstens zu bremsen.

Zentralistische Stromproduktion durch Kohle oder Atom bremst die Energiewende aus. Die CO2-Bilanz der Atomindustrie ist miserabel, wenn man die ganze Atomspirale anschaut, also angefangen beim Uranabbau über Transport, Urananreicherung, Brennelemente-Herstellung, den AKW-Betrieb und die Zwischenlagerung von Atommüll bis zu einem „Langzeit-Notlager“ für das strahlende Erbe und dem teuren Rückbau der Anlagen. Atomstrom rangiert dann in Höhe der Erdgas-CO2 -Gesamtbilanz und ist nicht die Lösung des Klimawandel-Problems – sie ist ein Teil davon!

Diese subventionierte, zentralistische, demokratiefeindliche Energieproduktion wird mit ihrem strahlenden Erbe noch zig Generationen viel Geld kosten und Sorgen bereiten. Wir brauchen stattdessen eine bürgernahe und dezentrale Energieversorgung, mehr Speicherkapazitäten, mehr Energieeffizienz und weniger Energieverbrauch sowie eine ganz andere Politik jenseits von Wachstumswahn und Naturzerstörung.

Markus Pflüger