Liebe Atomkraftgegner*innen in und um Trier.
Aktuelles aus dem AKW Cattenom
Wer braucht überhaupt Atomstrom?
Seit 12. April 2025 sind von den 4 Blöcken des AKW Komplexen nur zwei Reaktoren in Betrieb: Block 2 und Block 4, die anderen beiden sind wegen „Teilrevision“ abgeschaltet.
An Wochenenden wird von den beiden Reaktoren am Stromnetz sehr oft einer beiden zusätzlich abgeschaltet, laut Betreiber EDF „wegen mangelnder Stromnachfrage“!
Außerdem hatte AKW Direktor Le Saint auf der CLI-Sitzung (Commission Lokal d’Information – ist jedem französischen AKW zugeordnet) am 15. Mai 2025 erklärt, dass an sonnigen Tagen Reaktor 2 nachmittags gedrosselt werden muss, weil so viel Solarstrom im Netz ist. Sieh an! Dieser Solarstrom kommt wohl über das europäische Verbundnetz aus Deutschland und ist dann so billig, dass Atomstromproduktion sich nicht lohnt. Und wir hatten und haben viele sonnige Tage!
„Ereignisse“ im AKW
Seit ein paar Jahren veröffentlicht die EDF nur noch die größeren Pannen, die auf der INES-Skala (International Nuclear and Radiological Event Scale) eingestuft und der französischen Atomaufsicht (ASNR) gemeldet werden müssen.
Im Brennelementelager des abgeschalteten Reaktor 3 wurde Anfang Juni ein defektes Ventil in der Lüftungsanlage festgestellt und dann auch noch nicht im laut Betriebsvorschrift vorgesehenen Zeitraum repariert (INES 1). Nichteinhalten der Betriebsvorschriften ist ein typisches Mangelmuster im AKW Cattenom!
Im Reaktorbecken – ebenfalls Block 3 und Anfang Juni – wurde ein Arbeiter im Gesicht so stark verstrahlt, dass die für solche Arbeiter festgelegte Jahreshöchstdosis von 500 Millisievert überschritten war (INES 2). Zum Vergleich die „normale“ Höchstbelastung für Beschäftigte in Bereichen mit radioaktiver Strahlung liegt bei 20 Millisievert pro Jahr, Grenzwert für die Normalbevölkerung ist 1 Millisievert pro Jahr.
Genau so ein Vorfall hatte im März 2023 schon mal in Block 3 stattgefunden. Damals konnte (oder wollte) AKW Direktor Le Saint beim Bericht in der CLI-Sitzung nicht sagen, ob es sich um einen EDF-Mitarbeiter oder den Wanderarbeiter eines Subunternehmens handelte. Diese sogenannten Atomnomaden führen die gefährlichsten Drecksarbeiten in den französischen AKW durch. So ein verstrahlter Arbeiter ist für sein Unternehmen nutzlos geworden und kann für den Rest des Jahres sehen, wie er klarkommt.
In der französischen Atomindustrie sind 80 – 100 000 Menschen als Arbeitsnomaden in prekären Arbeitsverhältnissen gerade in den gesundheitsschädlichen Bereichen tätig.
Die französische Atomaufsicht ASNR, die Direktor Le Saint eigentlich wohl gesonnen ist und technische Mängel oft bagatellisiert, bemängelt seit Jahren den unzureichenden Strahlenschutz für im AKW Cattenom tätige Menschen.
So auch im Jahresbericht 2024.
Eskalation in Nahost
Die Eskalation in Nahost, besonders die Bombardierung von Atomanlagen im Iran, ist besorgniserregend. Wir fordern die Stilllegung aller Atomanlagen und eine Ächtung von Atomwaffen. Es braucht einen dauerhaften Waffenstillstand, um eine erneute Eskalation und den weiteren Verlust von Menschenleben in Israel und im Iran zu verhindern. Das autoritäre Regime im Iran führt schon seit Jahrzehnten Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Gleichzeitig gibt es mutige Proteste, die nicht vergessen werden dürfen.
Atomprogramme müssen politisch und nicht militärisch gestoppt werden, schrieb die DFG-VK am 23.6.25, und fordert, dass Deutschland, aber auch die USA und Israel, dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten: Nein zu den völkerrechtswidrigen Angriffe der USA und Israels auf den Iran
Die IPPNW kritisiert, dass die völkerrechtswidrige Bombardierung des Iran die Welt einem Atomkrieg näherbringt. Die IPPNW stellt fest, dass der Iran nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) und des US-Geheimdienstes derzeit nicht über ein aktives Atomwaffenprogramm verfügt. Es gelte, den gewaltsamen Konflikt durch Verhandlungen zu deeskalieren. Das Netzwerk Friedenskooperative kritisiert, dass die Zivilbevölkerung Leidtragende der Kriegshandlungen ist und dass das Festhalten am Iran-Abkommen die bessere Wahl gewesen wäre. Es beklagt „die Normalisierung von Völkerrechtsbrüchen, die sich seit Beginn des Krieges zwischen Israel, den USA und dem Iran zu etablieren scheinen. Die Bundesregierung muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass sich auf internationaler Ebene das Recht des Stärkeren durchsetzt.“
Aktuelle Infos: www.friedenskooperative.de
Laufzeitverlängerung AKW Cattenom
Doch auch hier steigt die atomare Gefahr: wir warnen seit gut einem Jahr eindringlich vor den fatalen Folgen der geplanten Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk Cattenom. Es ist ein veraltetes AKW mit unkalkulierbaren Risiken für die ganze Region, das zudem den Folgen der Klimakatastrophe in besonderem Maße ausgesetzt ist.
Weiter unten aktuelle Infos zu unseren Bemühungen, die verschiedenen politischen Ebenen von Stadt über Kreis bis zum Land dazu zu bewegen aktiv zu werden. Doch das ist schwierig, obwohl eigentlich alle demokratischen Parteien offiziell für die Stilllegung Cattenoms sein sollten.
Wie es gehen könnte, zeigt der Trinationale Atomschutzverband an der Schweizer Grenze, er präsentierte am 19.6.25 eine neue Studie über die Gefährdung Deutschlands durch Unfälle in Schweizer Atomkraftwerken, lest selbst: https://atomschutzverband.ch/gefaehrdung-sueddeutschland/ Dazu gibt es eine Unterschriften-Aktion: Atom-Gefahr beenden – Schweizer AKW abschalten!
Politiker muss man zum Jagen tragen
Der Betrieb der ursprünglich auf 40 Jahre ausgelegten Reaktoren der 1300 MW Reihe soll auf 50 Jahre verlängert werden. Die entsprechende 10-Jahres Revision für die Laufzeitverlängerung des 1986 in Betrieb gegangenen Reaktors 1 des AKW Cattenom ist für 2027 vorgesehen.
- Wir Atomkraftgegner waren die einzigen Deutschen, die 2024 die französische Informationsveranstaltung dazu besucht haben
- Wir waren es, die die Landesregierung von Rheinland-Pfalz darauf aufmerksam gemacht haben, dass eine grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) seitens der Franzosen vorgesehen ist – die Landesregierung hatte auf ihrer Website das Gegenteil behauptet.
- Inzwischen hat das Umweltministerium MKUEM uns mitgeteilt, dass das Ministerium sich mit der saarländischen Landesregierung abgestimmt hat, „der französischen Seite baldmöglichst ein Schreiben zu übermitteln“, in dem nähere Informationen zu UVP und Zeitplan angefordert werden. (Antwortschreiben 5.04.2025)
- Landrat Metzdorf und der Kreisausschuss des Kreises Trier-Saarburg haben in vorbildlicher Weise die Landesregierung aufgefordert, ihre Maßnahmen in Bezug auf die Laufzeitverlängerung darzulegen.
Zweimal schon sollte ein Abteilungsleiter des Umweltministeriums im Kreisausschuss über die Vorgehensweise berichten. Zweimal sagte das Umweltministerium ab, zuletzt am 16. Juni 25 vier Stunden vor Sitzungsbeginn!
Ein dritter Versuch soll auf der Kreisausschuss-Sitzung am 7. Juli 2025 stattfinden. Möglicherweise wird es nur eine Videozuschaltung. - OB Leibe und der Stadtrat Trier haben sich trotz unserer Anfragen bisher nicht mit der Laufzeitverlängerung befasst. Immerhin hat der zuständige Dezernent Thilo Becker zugesagt, als Vertreter der Stadt Trier an der nächsten CLI-Sitzung im November in Frankreich teilzunehmen.
Stromausfall in Spanien und Portugal – ein Weckruf, nicht für Atomkraft, sondern für kluge Planung
Ende April ging auf der iberischen Halbinsel das Licht aus – wortwörtlich. Ein technischer Dominoeffekt führte dazu, dass Spanien, Portugal, Andorra und Teile Südfrankreichs stundenlang ohne Strom waren. Über 50 Millionen Menschen waren betroffen. Die Ursache: eine Verkettung technischer Störungen im Stromnetz, offenbar ausgelöst durch Probleme im Zusammenspiel großer Solarparks und unzureichender Netzstabilisierung.
Was folgte, war ein Paradebeispiel für Desinformation: In sozialen Netzwerken wurde sofort von Cyberangriffen, Terroranschlägen oder dem „Versagen“ erneuerbarer Energien fantasiert. Rechte Gruppen und Atomlobbyisten griffen die Gelegenheit auf, um Stimmung gegen die Energiewende zu machen. Dabei sind die Fakten klar: Die eigentliche Schwachstelle war nicht die Sonnenkraft, sondern die fehlende Vorbereitung des Netzes auf die neue Realität – mit vielen dezentralen, wetterabhängigen Erzeugern.
Spanien und Portugal gehören zu den Vorreitern beim Umstieg auf Erneuerbare. Das Netz aber hinkt hinterher: Es fehlt an Frequenzregelung, Speicherkapazitäten und an einer ausreichenden Anbindung ans europäische Stromnetz. Gerade Letzteres hätte helfen können, den Blackout schneller abzufangen – aber seit Jahren blockiert Frankreich den Ausbau der Stromverbindungen über die Pyrenäen, nicht zuletzt zum Schutz der eigenen Atomwirtschaft.
Atomkraft war in dieser Situation übrigens keine Hilfe – im Gegenteil: Zum Zeitpunkt des Ausfalls waren mehrere Reaktoren wegen Stromüberschusses ohnehin vom Netz. Auch sie hätten den Zusammenbruch nicht verhindert. Der Vorfall zeigt: Sicherheit entsteht nicht durch Rückschritte in alte Denkmuster, sondern durch Weitsicht, Technik und eine demokratisch kontrollierte, dezentrale Energieversorgung.
Umweltverbände wie Greenpeace und Ecologistas en Acción fordern zu Recht: Die Energiewende muss weitergehen – aber mit System. Wir brauchen einen intelligenten Netzausbau, mehr lokale Speicher, Lastmanagement und vor allem: politischen Mut. Wer jetzt versucht, aus einem technischen Problem ein Argument für fossile oder atomare Rückschritte zu zimmern, ignoriert, worum es wirklich geht – und gefährdet die klimafreundliche Energiezukunft.
Mehr dazu unter https://www.dnr.de/aktuelles-termine/aktuelles/energiewende-blackout-auf-der-iberischen-halbinsel-befeuert-falsche
Neues aus Bure (Geplanter Standort Atommüll-Endlager Frankreich, 150km Luftlinie von der deutsch-französischen Grenze)
Ein gute, wenn auch sehr späte Entscheidung für den Widerstand gegen das Endlagerprojekt Bure/CIGEO: „Gericht spricht Bure-Demonstranten frei. Nach 8 Jahren sind Gegner des Atommüllendlagers freigesprochen worden“:
www.sr.de/sr/home/nachrichten/vis_a_vis/bure-demonstranten_von_gericht_freigesprochen_illegale_zusammenrottung_100.html
Übrigens am 20. September 2025 gibt es in Bure eine „Demo für die Zukunft“:
https://manifbure.fr/
Das Anti-Atom-Netz macht ansonsten Sommerpause, wir treffen uns wieder am 10.09.2025 um 20h im Friedens- & Umweltzentrum in der Pfützenstr. 1 in Trier
Wenn ihr Interesse habt mal unverbindlich vorbeizuschauen, schreibt uns eine Email damit wir Bescheid wissen: kontakt@antiatomnetz-trier.de