Anti-Atom-Netz Trier schickt Brief wegen Korrosion in französischen AKW an hiesige Regierungspolitiker

Von | 28.02.2022

Wegen des schwerwiegenden Korrosionsproblems an französischen AKW hat das Anti-Atom-Netz Trier (AAN Trier) einen Brief an die Bundesminister*innen Habeck und Lemke, die Ministerpräsident*innen Dreyer und Hans sowie den Trierer OB Leibe und den neuen Landrat des Kreises Trier-Saarburg, Metzdorf, geschickt, der hier als Offener Brief angefügt ist.

Das AAN Trier fordert darin auf, von den französischen Behörden Aufklärung im Hinblick auf mögliche Spannungsrisse bei den vier Reaktoren des AKW Cattenom zu verlangen. Es ist unklar, ob die kritische Rohrstelle dort intensiv untersucht worden ist. Die Abschaltung des Block 3 vom 13. bis 15.02. 2022 diente gemäß dem Informationsblatt Eclair Hebdo des AKW-Betreibers „dem Nachfüllen von Öl an einer Pumpe im nuklearen Teil der Anlage“. Hier besteht möglicherweise ein Zusammenhang mit dem auf der Mosel entdeckten Ölfilm (Meldung des Trierischen Volksfreunds vom 22.02.2022 S.2)

Diese Woche, am 2. März, wird eine Videokonferenz der CLI ( Commission lokale d‘ information) stattfinden. Vertreter*innen der Stadt Trier und des Kreises Trier-Saarburg gehören dieser Kommission an. Punkt 8 der Tagesordnung lautet (übersetzt): „Kürzlich festgestellte Korrosionsschäden im KKW Penly“. Der Direktor des AKW Cattenom, Le Saint, und ein Vertreter der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN werden dazu Stellung nehmen. Das AKW Penly gehört zur gleichen Baureihe wie die Reaktoren des AKW Cattenom.


Offener Brief

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Meldungen über Spannungsrisskorrosion an Rohren des Sicherheitseinspeisungskreislaufs (RIS) bei französischen Atomkraftwerken machen uns sehr besorgt.

Diese Mikrorisse sind ausgerechnet an den jüngsten und leistungsstärksten Reaktoren (1450 MW) des französischen Atomparks entdeckt worden: Civaux 1 (Inbetriebnahme 1997) und Civaux 2 (Inbetriebnahme 1999). Daraufhin hat der Betreiber EDF (Electricité de France) die baugleichen Reaktoren des AKW Chooz abgeschaltet, um dort diesen Rohrabschnitt ebenfalls genauer zu prüfen. Tatsächlich sind die gleichen Risse im Reaktor Chooz B2 gefunden worden, bei Chooz B1 ist die Untersuchung noch im Gange. Das Erschreckende ist, dass in beiden Reaktoren erst vor Kurzem die monatelangen, umfangreichen 10-Jahres-Revisionen durchgeführt wurden, nämlich 2019 und 2020.
Ist dabei nicht sorgfältig geprüft worden?

Inzwischen hat EDF bekannt gegeben, dass nun auch der seit Oktober 2021 in 10-Jahres-Revision befindliche Reaktor Penly 1 an gleicher Stelle genauer untersucht und Spannungsrisskorrosion entdeckt wurde. Das ist für die Menschen in der Region Trier extrem beunruhigend, denn die beiden 1300 MW Reaktoren des AKW Penly gehören zur gleichen P‘4 Baureihe wie die vier Reaktoren des AKW Cattenom unweit der deutschen Grenze.

Warum ist das so beunruhigend?
Der Sicherheitseinspeisungskreislauf (RIS) dient dazu, bei einem Unfall die nukleare Kettenreaktion zu bremsen – beispielsweise durch Einspritzung von Borwasser – und außerdem die Notkühlung der Brennelemente sicherzustellen. Der Rohrabschnitt des RIS, an dem die Spannungsrisse jetzt gefunden wurden, ist direkt mit dem Primärkreislauf verbunden, der die durch Kernspaltung im Reaktordruckbehälter entstehende Wärme abführt.
Das bedeutet, dass bei einem Platzen dieses Rohrabschnitts erstens keine Noteinspeisung mehr möglich ist und zweitens das Wasser des Primärkreislaufs sogar noch ausläuft, was die Gefahr der Kernschmelze ganz schnell akut werden lassen kann.

Derzeit sind alle 4 Reaktoren des AKW Cattenom in Betrieb. Auch bei ihnen könnten diese Spannungsrisse vorliegen und im schlimmsten Fall zu einem Supergau führen, mit unabsehbar verheerenden Folgen für unsere Region und über sie hinaus. Block 4 ist seit fast 10 Jahren nicht mehr genauer geprüft worden! Die Ankündigung der EDF, Block 3 in den nächsten Monaten zwecks Überprüfung des RIS Rohrs abzuschalten (Trierischer Volksfreund vom 10.02.2022 S.3), erweckt den Verdacht, dass es bei der 10-Jahres-Revision im vorigen Jahr Anhaltspunkte für Spannungsrisse an dieser kritischen Stelle gegeben hat und der Reaktor dennoch 2021 die Betriebsgenehmigung für 10 weitere Jahre bis 2031 erhalten hat.
Oder diese kritische Stelle war überhaupt nicht näher untersucht worden, was ebenfalls sehr bedenklich wäre.

Atomstromproduktion kann nicht eine Angelegenheit der nationalen Souveränität sein, wenn dadurch die Bevölkerung der Nachbarländer in höchstem Maße gefährdet wird.

Wir fordern Sie auf, dem Beispiel der luxemburgischen Minister Dieschbourg und Turmes zu folgen und von den französischen Behörden detaillierte Aufklärung sowie zeitnahe Abschaltung aller Reaktoren des AKW Cattenom zwecks gründlicher Überprüfung zu verlangen!

Für das Anti-Atomnetz Trier
mit freundlichen Grüßen

Elisabeth Quaré


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