Kritische Einordnung der luxemburgischen Stellungnahme zur Laufzeitverlängerung von Cattenom

Von | 17.09.2024

Die luxemburgische Regierung äußert sich in ihrer jüngsten Stellungnahme zur geplanten Laufzeitverlängerung der 1300-MW-Reaktoren des französischen Atomkraftwerks Cattenom, das nur wenige Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt liegt, besorgt und kritisiert die mangelhafte Transparenz sowie unzureichende Sicherheitsmaßnahmen. In ihrer Stellungnahme erkennt sie zwar die von EDF vorgeschlagenen Sicherheitsverbesserungen an, doch es ist völlig klar, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die gravierenden Risiken zu neutralisieren, die von diesem alternden Atomkraftwerk ausgehen. Insbesondere die Nähe Cattenoms zu dicht besiedelten Regionen Luxemburgs und Deutschlands erfordert deutlich schärfere Forderungen und Maßnahmen – bis hin zur unumgänglichen Schließung des Kraftwerks!

Klimawandel – ein wachsendes, aber unterschätztes Risiko

Ein brennendes Thema ist der Klimawandel. Die Stellungnahme würdigt zwar die bereits umgesetzten Anpassungen an Extremwetterereignisse, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die Unvorhersehbarkeit zukünftiger Klimaentwicklungen bisher nicht ausreichend in die Sicherheitsüberlegungen einfließt. Wenn man die rapiden Veränderungen der klimatischen Bedingungen bedenkt, reicht die bloße Reaktion auf bestehende Wetterextreme nicht aus. Die unkontrollierbare Kraft der Natur, verstärkt durch den Klimawandel, könnte leicht zur Achillesferse von Cattenom werden, zumal die Reaktoren auf einem sicherheitstechnisch veralteten Konzept beruhen, das aus den 70er Jahren stammt.

Externe Gefahren – ungenügende Vorsorge

Luxemburg geht auch auf die mangelhafte Widerstandsfähigkeit des Kraftwerks gegen andere externe Einflüsse ein. Während neue Kraftwerke wie der EPR eine spezielle Schutzkonstruktion gegen den Absturz von Flugzeugen besitzen, fehlt dieser Schutz bei den älteren 1300-MW-Reaktoren völlig. In einer Welt, die durch geopolitische Spannungen und unvorhersehbare Bedrohungen geprägt ist, scheint es nahezu unverantwortlich, dass EDF solche Risiken herunterspielt oder schlichtweg ignoriert.
Der Angriff auf die Ukraine zeigt deutlich, wie real Bedrohungen durch gezielte Sabotage oder militärische Konflikte geworden sind. Ein Kraftwerk ohne ausreichenden Schutz gegen solche Gefahren ist eine tickende Zeitbombe – und das direkt vor unserer Haustür.

Fortschritt ohne Sicherheit – die Grenzen der Modernisierungen

Die luxemburgische Kritik bezieht sich vor allem auf die veraltete Technik der 1300-MW-Reaktoren, die noch aus den 1970er Jahren stammen. Luxemburg fordert daher den Einsatz moderner Filtertechnologien, wie sie beim sogenannten “fortschrittlicheren” EPR-Reaktor eingesetzt werden. Doch selbst der EPR, der als “sicherer” verkauft wird, birgt erhebliche Risiken. Es darf nicht übersehen werden, dass auch diese Reaktoren nach wie vor potenziell katastrophale Folgen im Falle eines schweren Unfalls haben können. Moderne Technologien mögen einige Risiken reduzieren, aber eine Garantie für absolute Sicherheit gibt es auch hier nicht. Die bloße Tatsache, dass EPR-Reaktoren über modernere Sicherheitsvorkehrungen verfügen, bedeutet keineswegs, dass sie frei von Gefahren sind. In der nuklearen Industrie ist ein angeblicher Zusammenhang zwischen “modern” und “sicher” trügerisch – es ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie.

Umbau – eine Illusion

Die Forderung nach einem grundlegenden technischen Umbau der 1300-MW-Reaktoren wird von Luxemburg zwar indirekt aufgeworfen, doch es ist fraglich, ob ein solcher überhaupt technisch machbar wäre. Die veralteten Strukturen des Kraftwerks lassen eine grundlegende Modernisierung nahezu unmöglich erscheinen – oder nur zu einem Preis, der wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen wäre. Jede Modernisierung wäre im besten Fall eine Flickschusterei, die lediglich einige Symptome behandelt, aber das strukturelle Problem dieser alten Reaktoren nicht lösen kann. Letztlich bleibt Cattenom ein überholtes System, dessen Betrieb selbst unter neuen Auflagen niemals die gleiche Sicherheit bieten könnte wie moderne Anlagen – und selbst diese sind, wie bereits betont, nicht frei von Gefahren.

Der Mythos vom Katastrophenschutz

Ein besonders kritischer Punkt, der in der luxemburgischen Stellungnahme deutlicher hätte adressiert werden müssen, ist der völlig unzureichende Katastrophenschutz. Luxemburg fordert zwar eine Verbesserung der Kommunikation im Krisenfall, doch das eigentliche Problem bleibt bestehen: Ein effektiver Schutz vor einem Unfall in Cattenom ist aufgrund der extremen Nähe des Kraftwerks schlicht unmöglich. Sollte es zu einem nuklearen Zwischenfall kommen, wären die radioaktiven Wolken schneller in Luxemburg und Trier, als Schutzmaßnahmen greifen könnten. Selbst die Verteilung von Jodtabletten, die in solchen Fällen oft als Notmaßnahme vorgesehen ist, wäre kaum rechtzeitig umsetzbar, und deren Wirkung würde viel zu spät einsetzen. Es bräche vermutlich Chaos aus, Panik würde die Situation verschärfen, und die Behörden stünden vor einer Aufgabe, die jenseits jeglicher Kontrolle liegt. Der Gedanke, dass ein geordnetes Krisenmanagement möglich wäre, ist eine Illusion. Die Nähe zu einem Risikokraftwerk wie Cattenom macht jegliche effektive Reaktion auf einen Unfall von vornherein undurchführbar, und das ist sicherlich auch den Behörden völlig klar.

Schließung statt Kompromisse

Luxemburg betont in seiner Stellungnahme die Notwendigkeit einer Schließung von Risikokraftwerken, darunter Cattenom. Doch diese Forderung wird eher als eine Option neben anderen formuliert, statt mit der nötigen Dringlichkeit vertreten zu werden. Angesichts der offensichtlichen Risiken, die von Cattenom ausgehen, wäre es unerlässlich, dass die luxemburgische Regierung diese Forderung unmissverständlich und kategorisch erhebt. Ein weiteres Herumtaktieren, bei dem Verbesserungen und Sicherheitsupdates als gangbarer Weg präsentiert werden, führt nur zu einer Verlängerung der Gefahr für die Bevölkerung. Die Schließung des Kraftwerks muss klar als einzige Lösung propagiert werden, um die Menschen in der Großregion wirksam zu schützen.

Fazit: Ein klares Nein zu Cattenom!

Die luxemburgische Kritik an Cattenom ist gerechtfertigt und wichtig, doch die Schlussfolgerungen greifen zu kurz. Es reicht nicht aus, auf Verbesserungen bei der Filtertechnik, Notfallkommunikation oder Klimaanpassungen zu hoffen. Cattenom ist und bleibt ein Sicherheitsrisiko ersten Grades – unabhängig von jeglichen Modernisierungsmaßnahmen. Luxemburg muss klarer und deutlicher Position beziehen und auf internationaler Ebene alle Mittel einsetzen, um die Schließung von Cattenom durchzusetzen.

Doch nicht nur Luxemburg muss hier entschlossener auftreten, auch auf deutscher Seite fehlt bislang eine klare öffentliche Positionierung. Besonders auffällig ist das Schweigen der rheinland-pfälzischen Landesregierung und der Regierung des Saarlandes, deren Bevölkerung ebenso von den Risiken betroffen ist. Auf der Webseite des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) wird lediglich beschrieben, dass die generische Prüfung der 1300-MW-Reaktoren in Frankreich von Januar bis Juni 2024 lief und die spezifische Überprüfung von Block 1 folgen soll. Doch dieser neutrale und allgemein gehaltene Text bleibt weit hinter dem zurück, was angesichts der ernsten Bedrohungslage nötig wäre. Es gibt keine aktuelle, kritische Stellungnahme oder Forderung nach einem sofortigen Handeln. Und auch die Bundesregierung darf sich nicht hinter diplomatischen Floskeln verstecken!

Wir fordern eine klare, entschlossene und kritische Stellungnahme von der rheinland-pfälzischen Landesregierung, dem Saarland sowie von der Bundesregierung. Es muss Druck auf die französische Regierung ausgeübt werden, um die sofortige Schließung von Cattenom zu erzwingen. Alles andere wäre ein Spiel mit dem nuklearen Feuer!

Jetzt ist der Moment, in dem die Regierungen aller betroffenen Länder im Sinne ihrer Bevölkerung handeln müssen. Die einzig logische und verantwortungsvolle Forderung lautet: Die sofortige und endgültige Stilllegung dieses Kraftwerks!


Quellen: