Obscurage Juli 2021

Von | 04.08.2021
Allgemeine Hinweise zum Verständnis der „Eclairages“
Woche vom 24.-30.7.
Produktion In der Nacht vom 23. auf den 24.7. wurde Block 4 plangemäß abgeschaltet. Während der kurzen Abschaltung sollen ein Test der Manövrierbarkeit der Steuerstäbe durchgeführt und deren ordnungsgemäßes Funktionieren kontrolliert werden. Dieser Test wurde bereits im November 2020, einen Monat nach dem Wiederanfahren des Reaktors nach einem Austausch der Brennelemente, durchgeführt und muss im Laufe des Jahres 2021 wiederholt werden. Die Blöcke 1 und 2 sind in Betrieb. Block 3 ist zwecks Zehnjahresinspektion abgeschaltet.
Vorkommnisse Am 21.7. wurde bei einer Kontrolle eines Ventilators eines der Lüftungskreisläufe des Brennelemente-Gebäudes von Block 2 ein Fehler entdeckt. Die Untersuchung zeigte, dass der Fehler auf eine verkehrte Verkabelung an einem Motor des Ventilators zurückzuführen war, zu der es während Wartungsarbeiten am 9. Juli gekommen war. Das Vorkommnis wurde der ASN am 27.7. als signifikantes Vorkommnis der Stufe 1 gemeldet. Außerdem wurde am 17.6. ein signifikantes generisches Vorkommnis der Stufe 0 gemeldet. Grund war eine Anomalie der Studie der Unsicherheiten des integrierten Schutzsystems der Reaktor-Baureihe 1300 MW (SPIN). Die Analyse ergab, dass der Sicherheitsaspekt für diese Anomalie nicht berücksichtigt wurde; das Problem bis 2022 durch Anpassung der Parameter des SPIN-Systems gelöst werden, damit dieses mit den Sicherheitsstudien in Einklang steht.Hervorhebung der Daten von mir: Es dauert also fast 2 Wochen, bis die das überhaupt merken. Und dann lassen sie noch fast eine weitere Woche ins Land gehen, ehe sie den Vorfall melden. Ich habe mich bei der Übersetzung hier auf das Notwendigste beschränkt, denn normalerweise wird bei Stufe 1 zumindest auf der Website der CLI eine deutsche Übersetzung veröffentlicht. Auch damit lassen sie sich aber Zeit. Denn da stehen für Juli schon 2 Meldungen und 3 in einem Monat sieht ja gar nicht gut aus.

Hervorhebung von mir: Die erste kursive Stelle habe ich wörtlich übersetzt, bei der zweiten habe ich geraten. Die Formulierung „absence d‘enjeu de sûreté“ ist mal wieder ein Meisterwerk der obskuren Formulierung.
Kasten rechts: Die Trikots des Frauenhandballclubs von Yutz werden vom AKW gesponsert.
Woche vom 17.-23.7.
Produktion Am Morgen des 23.7. wurde Block 1 wieder angefahren. Der Reaktor hatte sich am 21.7. automatisch abgeschaltet, nachdem ein Fehler an einer Schaltkarte gemeldet worden war, die zum Überwachungssystem des Reaktors gehört. Der Reaktor soll in den nächsten Stunden seine volle Leistung erreichen. Block 3 ist wegen seiner dritten Zehnjahresinspektion abgeschaltet. Die Blöcke 2 und 4 sind in Betrieb.
Vorkommnisse Der ASN wurden in dieser Woche 3 Vorkommnisse der Stufe 0 gemeldet. Die erste Meldung erfolgte am 16.7. infolge des Ausfalls des Messstrangs der Radioaktivität einer Reinigung eines Dampferzeugers von Block 1. Das Teil wurde wieder in einen konformen Zustand versetzt. Die zweite Meldung erfolgte am 22.7. infolge eines flüchtigen Defekts an einer zum Überwachungssystem gehörigen Schaltkarte, und zwar parallel zu einer Instandhaltungsmaßnahme an einer identischen redundanten Kette, die am 21.7. zur automatischen Abschaltung von Block 1 führte. Die dritte Meldung erfolgte ebenfalls am 22.7. Grund war der Ausfall eines Elektroventils des Hilfsbelüfungskreislaufs der Gebäude der nuklearen Hilfskreisläufe von Block 2. Dies geschah im Verlauf einer geplanten Instandhaltungsmaßnahme, bei der dieses Elektroventil ausgetauscht werden sollte. Es wurde festgestellt, dass die Klappe dieses Elektroventils nicht richtig schließt. Der Defekt wurde noch am selben Tag behoben.


Hervorhebung von mir: Was zum Teufel ist ein flüchtiger Defekt? Einer, der sich von selbst verflüchtigt oder was? In diesem Fall hat er sich offenbar weder verflüchtigt noch konnte er beseitigt werden, sonst hätte er ja nicht zur automatischen Abschaltung geführt.

Hervorhebung von mir: Diese schwammige Formulierung könnte gewählt worden sein, um zu verschleiern, dass der Defekt nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist behoben wurde.
Kasten rechts: Meldung eines generischen Sicherheits-Vorkommnisses der Stufe 0 Bei den regelmäßigen Tests des Funktionierens von Teilen der Notstromdiesel der Baureihe 1300 MW (darunter auch Cattenom) wurde die Dokumentation weiterentwickelt, um die bei verschiedenen Tests gemachten Erfahrungen zu integrieren. Aufgrund der für die nuklearen Basisinstallationen geltenden Regelungen müssen solche Weiterentwicklungen der Dokumentation von der ASN genehmigt werden, wenn es sich um wesentliche Änderungen handelt. Eine interne Kontrolle ergab, dass bestimmte Weiterentwicklungen der Dokumentation diesen Anforderungen nicht entsprachen. Am 15. Juli 2021 meldete EDF der ASN ein signifikantes Vorkommnis der Stufe 0 für die AKWs Belleville, Cattenom, Flamanville, Golfech, Nogent-sur-Seine, Paluel, Penly, Saint-Alban.Ein weiteres Beispiel für kreative Formulierung. Weiterentwicklung klingt ja erst mal positiv nach Verbesserung. Da diese „Weiterentwicklung“ aber nicht den geltenden Regelungen entsprach, dürfte es sich eher um eine eigenmächtige Vereinfachung gehandelt haben, also um Schlamperei.
Woche vom 10.-16.7.
Produktion Block 3 ist wegen seiner dritten Zehnjahresinspektion abgeschaltet. Die Blöcke 1, 2 und 4 sind in Betrieb.Diesmal umfasst der Newsletter 2 Seiten. Das ist immer besorgniserregend, weil es bedeutet, dass 1 Seite für die Meldung der Störfälle nicht reicht. Diese wurden hier geschickt auf die 2. Seite verbannt, wo viele sie wohl gar nicht lesen werden. Und selbst wer die Meldungen nicht übersieht, kann das kleine Schriftbild kaum entziffern.
Aktuelles Hinweis auf eine Übung am 17.7. Dabei sollen die menschlichen und materiellen Mittel für den Brandfall getestet werden.Da können wir uns nächste Woche schon mal auf die Verkündigung des erfolgreichen Verlaufs der Übung gefasst machen. Falls die fehlen sollte, ist die Übung katastrophal verlaufen.
Kasten rechts: Unterzeichnung eines Vertrags zwischen EDF und der Akademischen Region Ostfrankreich Der bestehende Vertrag mit den Universitäten wird um 3 Jahre verlängert. Er basiert auf einem nationalen Vertrag von EDF mit dem nationalen Bildungsministerium.Der Vertrag wird als „Partnerschaftsvertrag“ bezeichnet. Um eine gleichberechtigte Partnerschaft dürfte es sich aber eher nicht handeln. Vielmehr sichert sich EDF damit die Zuarbeit der Unis und die Ausbildung der für den Weiterbetrieb der AKWs notwendigen Fachkräfte. Denn die gehen zunehmend in Pension und können nicht durch importierte Billigarbeitskräfte ersetzt werden.
Vorkommnisse Am 12.7. wurde der ASN ein Vorkommnis der Stufe 0 gemeldet. Grund der Meldung ist die Feststellung eines Nachgebens von kleinen Leitungen, die die Beprobung des Primärkreislaufs und die Messung der Borkonzentration an allen vier Blöcken ermöglichen. Dieses Nachgeben führt zur Fragilität der Erdbebensicherheit dieser Leitungen. Sie wurden alle ersetzt.

Hinzu kommen zwei signifikante Vorkommnisse der Stufe 1. Die erste Meldung betrifft den Ausfall einer Notspeisewasserpumpe der Dampferzeuger von Block 1. Am 26. Mai 2021 hatte das Kraftwerk Cattenom der Atomsicherheitsbehörde (ASN) ein signifikantes Ereignis der Stufe 0 auf der 7-stufigen INES-Skala gemeldet. Dem war ein Defekt an einer Notspeisewasserpumpe der Dampferzeuger von Block 1 vorausgegangen. Dieser war im Rahmen einer wiederkehrenden Funktionsprüfung beim Wiederanfahren des Blocks entdeckt worden. Eine Begutachtung der Pumpe ergab, dass eine mechanische Blockierung die korrekte Funktionsweise der Pumpe verhinderte. Nach weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Pumpe 11 Tage lang nicht verfügbar war. Dies hatte keine realen Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit der Anlagen, da andere Betriebsmittel mit derselben Funktion weiterhin einsatzbereit waren. Da jedoch die in den Betriebsvorschriften vorgegebene Frist für das Feststellen dieses Ereignisses überschritten wurde, beschloss die Kraftwerksleitung am 9. Juli 2021, diesen Vorfall gegenüber der Atomsicherheitsbehörde auf Stufe 1 der 7-stufigen INES-Skala heraufzusetzen.
Die zweite Meldung betrifft den Ausfall eines Ventilators in einem Schaltanlagenraum in Block 1. Am 24. Dezember 2020 hatte das Kraftwerk Cattenom der Atomsicherheitsbehörde ein signifikantes Ereignis der Stufe 0 auf der 7-stufigen INES-Skala gemeldet. Dem war der Ausfall eines Ventilators vorausgegangen, der für Temperaturen sorgt, die im Betriebsbereich des Notturbogenerators* von Block 1 liegen. Am 22. Dezember 2020 fanden Kontrollen statt, bei denen die Kraftwerksmitarbeitenden feststellten, dass am Luftabsaugventilator im Notelektrikraum von Block 1 keine Spannung anlag. In den technischen Betriebsspezifikationen ist angegeben, dass der Turbogenerator nur dann verfügbar ist, wenn auch das zugehörige Lüftungssystem betriebsbereit ist. Unmittelbar nach der Feststellung setzten die Kraftwerksmitarbeitenden den Ventilator wieder unter Spannung. Dieses Ereignis hatte keine Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit der Anlagen, da die sechs übrigen Notstromversorgungsquellen weiterhin betriebsbereit waren. Nach einer Analyse geht das Kraftwerk davon aus, dass das Anlagenteil möglicherweise seit dem 16. September 2020 nicht verfügbar war, da an diesem Tag eine erfolgreiche Funktionskontrolle stattfand. Die Frist für die Feststellung wurde rückblickend als länger als in den technischen Betriebsspezifikationen vorgegeben beurteilt. Aus diesem Grund beschloss die Kraftwerksleitung am 12. Juli 2021, dieses Ereignis gegenüber der Atomsicherheitsbehörde auf Stufe 1 der 7-stufigen INES-Skala heraufzusetzen. *Notturbogenerator: ermöglicht im Ernstfall die elektrische Versorgung bestimmter Anlagenteile, die der Sicherheit dienen. Dieser Turbogenerator kommt auf Stufe 7 als Notstromquelle zum Einsatz.

Generisches Vorkommnis Am 7.7. hat EDF der ASN ein signifikantes generisches Vorkommnis der Stufe 0 gemeldet. Anlass ist ein Phänomen atypischer Korrosion an den Ummantelungen der Brennstäbe in drei Reaktoren, darunter Cattenom 2.
„Nachgeben“? Wie ist das zu verstehen? Verformung? Die EDF-Linguisten haben mal wieder ganze Verdunklungsarbeit geleistet.

Statt fragil könnte man auch eingeschränkte Erdbebensicherheit sagen. Und ersetzt wurden die Leitungen, bei denen festgestellt wurde, dass sie „nachgeben“. Und wenn es noch weitere gibt?
Kopiert von der Website der CLI, Hervorhebungen von mir.

11 Tage!

Das bezweifle ich stark, dass das aus eigenem Antrieb geschehen ist. Vermutlich hat die ASN gesagt, dass der Störfall hochgestuft werden muss und ob sie es nicht lieber selber machen wollen.

Also seit über drei Monaten. Diese beiden Vorfälle zeigen, dass die Kraftwerksleitung Störfälle nur erheblich verzögert oder notgedrungen richtig einstuft. Wir sollten bei der Einstufung künftig grundsätzlich davon ausgehen, dass die Einstufung eher zu niedrig erfolgt. Mal sehen, ob das auch für den obigen Vorfall gilt.