Statement von Keisuke Mori & Richard Pestemer zum Trierer Fukushima-Gedenktag 2023

Von | 11.03.2023

Von Keisuke Mori, Friedensaktivist aus Okinawa/Japan
&
Richard (Richie) Pestemer, Mitglied im Vorstand der
Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier (AGF e.V.)

DIE FOLGEN VON FUKUSHIMA

Die Folgen des Supergaus in Fukushima vom 11.März 2011 sind bis zum heutigen Tag noch nicht überwunden worden.

Das am Pazifik gelegene Atomkraftwerk war durch einen fast 15 Meter Tsunami schwer getroffen worden.

Das Kühlwerk des AKW Fukushima Daiichi fiel aus, in 3 der 6 Reaktoren kam es zur Kernschmelze. Es ereignete sich das schlimmste Atomunglück seit der Tschernobyl-Katastrophe im April 1986.

Insgesamt verloren durch den Tsunami 20 000 Menschen ihr Leben, ca. 500 000 Menschen ihr Zuhause.

Nach dem Supergau durften die Menschen erst 2022 in das Sperrge-biet von mehr als 300 km² teilweise zurückkehren.

Äußerlich hat sich das Leben in der Region Fukushima im Norden Japans normalisiert. Das kann aber darüber hinwegtäuschen, dass eine komplette Dekontaminierung dieser Region von der radioaktiven Verseuchung durch den Supergau mehre Jahrhunderte erfordert.

Am 13. Januar dieses Jahres berichtete die ARD-Tagesschau, dass geplant ist noch im Frühjahr/ Sommer dieses Jahres ca. 1 Mio. Tonnen aufbereitetes radioaktiv kontaminiertes Wasser aus dem havarierten AKW in den Pazifik zu entsorgen.

Bereits 2021 war dieser Plan von der IAE (der Internationalen Atomenergiebehörde) gebilligt worden. Die örtlichen Fischer sowie die Nachbarländer, insbesondere Südkorea, sprechen sich entschieden gegen dieses Vorgaben aus. Ebenso Greenpeace.

Zudem wird indes nach Experteneinschätzungen der notwendige Rückbau der Reaktoren des Fukushima AKW insgesamt bis zu 40 Jahre andauern.

Welche Lehren werden aus dem Supergau in Fukushima gezogen?

2015 verkündigte die damalige japanische Regierung, dass sie angelehnt an das deutsche Vorbild zwar nicht bis Ende 2022, aber immerhin bis zum Jahre 2040 komplett aus der Atomkraftnutzung aussteigen wolle. Zu diesem Zeitpunkt waren wegen strenger Überprüfungen sogar nur noch 2 der insgesamt 45 Reaktoren in Betrieb.

WIEDEREINSTIEG JAPANS IN DIE ATOMKRAFT

Ab 2022 jedoch steigt Japan mit einer 180-Grad-Kehrwende hingegen komplett aus dem Atomausstieg wieder aus und voll und ganz wieder in die Atomkraftnutzung ein.

Mit Hinweis auf die globale Energiekrise verursacht durch den Ukrainekrieg und den Boykottmaßnahmen gegen Russland sowie dem fortschreitenden Klimawandel werden:

  1. die Laufzeiten der bestehenden AKWs auf 60 bis sogar im Einfalle 70 Jahre verlängert
  2. Von 27 abgeschalteten AKWs wurden 2022 bereits 10 nach angeblich sehr strengen Überprüfungen wieder ans Netz genommen
  3. Aktuell wird sogar der Neubau von AKWs intensiv diskutiert
  4. Das Ziel ist den Anteil der Atomkraft an der Gesamtstromversorgung bis 2030 auf ein Fünftel anzuheben
  5. So soll Japan bis zum Jahre 2050 auch Dank der „grünen CO2-freien Atomenergie“ klimaneutral werden.

MASSIVE AUFRÜSTUNG IN JAPAN

Doch wäre dies nicht schon beunruhigend genug rüstet Japan auch militärisch massiv auf. Ja , es gibt sogar innerhalb der jetzigen rechtskonservativen Regierung abgeführt von Fumio Kishida Hardliner wie Sanae Takaichi, die nicht davor zurückschrecken Japan zu einer Atommacht hochrüsten wollen.

Fakt ist, dass Japan nach Angaben der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 17.Oktober 2018 feststellte, dass „Japan genug Plutonium besitzt, um Tausende Atombomben zu bauen.“

Denn so die NZZ: „Japan besitzt mehr Plutonium als jede andere Nichtatommacht.“ Das Ausgangsmaterial für potentielle Atombomben stammt aus der Wiederaufbereitung von Brennstäben – hier – aus japanischen AKWs. Es gibt einen Bestand von insgesamt ca. 47 Tonnen Plutonium. Das reicht für 6000 Atombomben.

Und noch eins: Japan das Land, welches bislang als einziges Opfer von 2 Atombombenabwürfen wurde – Hiroshima und Nagasaki – weigert sich indes dem Atomverbotsvertrag beizutreten, geschweige denn wie Deutschland einen Beobachterstatus einzunehmen.

Dies alles sollten wir, auch wenn einem dies sichtlich schwer fällt, im Blick behalten auf dem Hintergrund der globalen Spannungen zwischen den USA/NATO und ihrem fernöstlichen engen Verbündeten Japan mit Russland und China wegen der Ukraine und wegen Taiwan.

KAMPJETS- RINGTAUSCH ZWISCHEN USA; DEUTSCHLAND & JAPAN

Die letzten Monate erlebten wir in Deutschland heftige Debatten wegen des „Panzerringtausches“ innerhalb der NATO bei den Panzerlieferungen in die Ukraine. Bei diesem „Panzerringtausch“ wurden schrittweise die militärische Ausrüstung der Ukraine modernisiert bis schließlich die deutschen „Lepoardpanzer“ von der Leine gelassen wird, wie einige „grüne Pazifisten“ begeistert feststellten.

Ähnliches erfolgte auf globaler Ebene bei den Kampfflugzeugen zwischen den USA, Japan und Deutschland. Am 17. Januar dieses

Jahres berichtete die amerikanische Militärzeischrift „Stars & Stripes“, dass die US-Airforce von der US-Airbase Spangdahlem in der Eifel F 16C Kampfjets nach Kadena(Okinawa/Japan) entsendet, um dort veraltete Kampfjets zu ersetzen. Auch so eine Art Ringtausch.

Und am 16.Januar 2023 heißt es dazu im Trierischen Volksfreund: „Der Luftwaffenstützpunkt Kadena/Okinawa dient seit Jahrzehnten als Dreh – und Angelpunkt im Pazifik“. Ja, die Nähe zu Taiwan macht so das US-Militär Kadena zu einem „unverzichtbaren Standort, um regionale Gegner abzuschrecken und die US-Luftstreitkräfte im gesamten Raum einsetzbar zu machen.“

De fakto nutzen die USA Okinawa als stationären Flugzeugträger. Über die Hälfte der 54.000 in Japan stationierten US-Soldaten ist derzeit auf der japanischen Südinsel Okinawa stationiert. Eine Präfektur, die gerade mal die dreifache Grüße von Wien hat. Wobei alleine in Kadena als der größten US-Airbase in Asien jährlich 70.000 Starts und Landungen dort abgewickelt werden.

Um nunmehr diesen Ringtausch perfekt zu machen werden zudem in Büchel/Eifel, wo 20 US-Atombomben gelagert sind, im Rahmen der nuklearen Teilhabe Deutschlands demnächst hochmoderne F35-Tarnkappen-Kampfjets stationiert.

Nicht vergessen sollte indes, dass auch auf Okinawa höchstwahrscheinlich US-Atomwaffen gelagert sind so wie in Büchel. Das gilt als ein offenes Geheimnis, das alle kennen, welches aber von den Regierenden in Tokio und Washington tabuisiert wird.

ZWEI SEITEN DERSELBEN MEDAILLE: DIE MILITÄRISCHE UND „ZIVILE NUTZUNG“ DER ATOMKRAFT
&
DER APPELL DER HIBAKUSHAS

Wir erkennen nunmehr angesichts der heutigen extrem angespannten Weltlage immer klarer, dass die friedliche sowie militärische Nutzung der Atomkraft untrennbar die 2 Seiten derselben Medaille sind.

In einem bemerkenswerten Beitrag des swr vom 10.Februar diese Jahres berichtete Katharina Erdmann von einem Appell von japanischen Hibakushas = Atombombenopfern aus Nagasaki.

Gegenüber Russland forderten sie eindringlich die sofortige Einstellung von Kampfhandlungen an Atomkraftwerken in der Ukraine.

Die Botschaft aus Nagasaki ist klar und eindeutig:

Wir sollten die letzte Stadt sein, die von einer Atombombe getroffen wurde! „

Entschieden abgelehnt wird zudem von den japanischen Hibakusha der Vorschlag des rechtskonservativen EX-Premierministers ABE In Japan US-Atomwaffen zu stationieren.

Wir, Keisuke MORI en Friedensaktivist aus Okinawa sowie Richard (Richie) Pestemer, Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier, schließen uns dem Appell der Hibakushas voll und ganz an!

Wir appellieren daher an die Teilnehmer*innen dieses Fukushima-Gedenktages in Trier und an alle friedliebenden Menschen eindringlich, dass

  1. alle Atommächte unverzüglich ohne Wenn und Aber erklären auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen unter allen Umständen zu verzichten
  2. der Krieg in der Ukraine sofort von allen daran Beteiligten beendet wird
  3. alle Atomkraftwerke und alle Atomwaffen weltweit verschrottet werden

Nie wieder Hiroshima und Nagasaki

Nie wieder Tschernobyl und Fukushima

Und auch kein Cattenom