EDF verändert Zahlen und Fakten auf Homepage des umstrittenen AKW Cattenom

Von | 17.05.2023

Ein Blick hinter die Kulissen der Marketing-Trickserei

Eine genaue Analyse der Homepage des umstrittenen Kernkraftwerks Cattenom hat eine beunruhigende Praxis aufgedeckt. Dank unseres Webseiten-Scanprogramms, das uns automatisch über Änderungen informiert, sind wir auf merkwürdige Veränderungen bei den Zahlen und Informationen auf der Website gestoßen. Es scheint, dass EDF, der Betreiber des AKW, systematisch bestrebt ist, die Öffentlichkeit mit zweifelhaften Taktiken zu manipulieren und die wahre Situation zu verschleiern.

Angabe über CO2 Verbrauch reduziert

Erst im Februar diesen Jahres wurde der CO2-Verbrauch pro kWh von 124 g auf 4 g geändert. Es bleibt unklar, warum diese Änderung ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt vorgenommen wurde. Die Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) gibt zwar den CO2-Ausstoß bei der Atomenergie für den gesamten Lebenszyklus mit 5,1-6,4 g CO2/kWh an, was immer noch leicht höher als die Angabe von EDF ist. Es bestehen jedoch Zweifel daran, ob die Zahlen der UNECE überhaupt seriös sind, oder ob dies nur Greenwashing ist, um Atomkraft als besonders CO2-neutral darzustellen. Denn es gibt es einige Argumente, die nahelegen, dass die CO2-Bilanz von Atomkraftwerken eigentlich viel höher sein müsste:

  • Uranabbau und -verarbeitung: Die Gewinnung und Anreicherung von Uranerz im Zuge der Verarbeitung zu Brennstäben erfordert den Einsatz von schwerem Maschinenbau, Transport und erheblichen Mengen an Energie. Diese Aktivitäten verursachen hohe CO2-Emissionen, die bei der Gesamtbilanz von Atomkraftwerken oft nicht berücksichtigt werden.
  • Bau und Rückbau von Atomkraftwerken: Die Errichtung eines Atomkraftwerks erfordert enorme Mengen an Beton, Stahl und anderen Materialien, die energieintensiv hergestellt werden müssen. Beim Rückbau eines Atomkraftwerks entstehen ebenfalls erhebliche Mengen an Abfall und CO2-Emissionen.
  • Radioaktiver Abfall: Die langfristige Entsorgung und Lagerung von radioaktivem Abfall ist ein problematisches Thema. Die Transporte und die Einrichtung sowie der unfassbar lange notwendige Betrieb von Lagerstätten für den radioaktiven Abfall verursachen zusätzliche CO2-Emissionen.
  • Betrieb und Instandhaltung: Atomkraftwerke erfordern kontinuierliche Wartung, Reparaturen und den Betrieb von Sicherheitssystemen. All diese Aktivitäten benötigen Energie und Ressourcen, die CO2-Emissionen verursachen. Wobei das sicher der eher kleinere Teil ist und meist nur dieser Teil mit in die Bilanz aufgenommen wird.
  • Nukleare Unfälle und ihre Folgen: Obwohl schwere nukleare Unfälle zum Glück relativ selten sind (1979, 1986, 2011), können sie katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit haben. Die langfristigen Auswirkungen solcher Unfälle, wie beispielsweise Tschernobyl und Fukushima, sind mit erheblichen CO2-Emissionen verbunden, insbesondere durch den aufwändigen Rückbau oder die Abschottung der Ruine gegen die Biosphäre sowie die Dekontamination und die Wiederherstellung der betroffenen Gebiete, falls das überhaupt möglich ist.

Diese Argumente zeigen, dass die tatsächliche CO2-Bilanz von Atomkraftwerken nicht nur von der reinen Stromerzeugung abhängt, sondern auch von den damit verbundenen Aktivitäten und Risiken.

Dramatischer Leistungsabfall verschleiert

Nun wurde seit einigen Tagen auch der folgende Text auf der Homepage des AKW Cattenom geändert:

Das Kernkraftwerk Cattenom besitzt vier Druckwasserreaktoren mit einer Leistung von 1300 MW. Im Jahr 2021 erzeugte es 29,39 TWh CO2-armen Strom, was den Bedarf von fast 7 Millionen französischen Haushalten pro Jahr deckt.
La centrale nucléaire de Cattenom possède 4 réacteurs à eau pressurisée de 1 300 MWe. En 2021, elle a produit 29,39 TWh d’électricité faible en CO2, ce qui couvre les besoins de près de 7 millions de foyers français chaque année.

Dieser Text wurde durch den folgenden ersetzt:

Das Kernkraftwerk Cattenom besitzt vier Druckwasserreaktoren mit einer Leistung von 1300 MW. Im Jahr 2022 erzeugte es 19,6 TWh CO2-armen Strom und deckt den Strombedarf von über 70 % der Einwohner der Region Grand Est.
La centrale nucléaire de Cattenom possède 4 réacteurs à eau pressurisée de 1 300 MWe. En 2022, elle a produit 19,6 TWh d’électricité faible en CO2, et elle couvre les besoins en électricité de plus de 70% de habitants du Grand Est.

Es ist offensichtlich, dass EDF die Welt auf seiner Homepage schon wieder nach eigenem Gutdünken gestaltet. Einige mögen dies als “Marketing” bezeichnen. Dabei verschweigt EDF jedoch bewusst, dass aufgrund der zahlreichen Probleme mit dem AKW Cattenom ein Drittel der Stromproduktion bzw. fast 10 TWh = 10 Billionen Wattstunden (Wh) = 10 Milliarden Kilowattstunden (kWh) weniger erzeugt wurden. Dies entspricht etwa dem Jahresverbrauch von 4 Millionen 2-Personen-Haushalten. Anders ausgedrückt musste allein aufgrund der Probleme mit dem AKW Cattenom Strom aus dem Ausland für ungefähr 13 % der französischen Haushalte zugekauft werden.

Und das ist noch nicht einmal die gesamte Bilanz, denn auch zahlreiche andere AKWs mussten entweder wie Cattenom wegen rostiger Rohre abgeschaltet oder aufgrund von mangelndem oder zu warmem Flusswasser für die Kühlung in ihrer Leistung gedrosselt werden.

Fehlende Transparenz

Es ist alarmierend, dass EDF versucht, die tatsächlichen Auswirkungen dieser Probleme herunterzuspielen und die Öffentlichkeit im Dunkeln zu lassen. Dieses Vorgehen ist nicht akzeptabel, denn die wahren Zahlen erzählen eine ganz andere Geschichte.

Im Gegensatz zur Atomkraft hätten erneuerbare Energien wie Wind und Solarenergie diese Probleme nicht verursacht. Es ist höchste Zeit, dass Frankreich sich von gefährlichen und unzuverlässigen Energiequellen wie der Atomkraft verabschiedet und komplett auf nachhaltige Alternativen umsteigt.

Wir werden weiterhin wachsam bleiben und über weitere Entwicklungen rund um das AKW Cattenom und dessen Homepage informieren.